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Zu hohe Steuervorauszahlung? So kannst du sie beim Finanzamt anpassen lassen

Geschrieben von: Andreas Reichert

Aktualisiert am: Juli 1, 2025

Lesezeit: 7 Minuten

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Plötzlich flattert der Vorauszahlungsbescheid ins Haus – und du fragst dich: Wie soll ich diese Summe jedes Quartal stemmen? Gerade als Selbstständige:r oder Freelancer:in kann sich das schnell unangenehm anfühlen. Denn das Finanzamt rechnet oft auf Basis von Zahlen aus Zeiten, in denen dein Business vielleicht deutlich besser lief als jetzt.

Doch gute Nachricht: Du musst das nicht einfach hinnehmen. Vorauszahlungen lassen sich anpassen – und das ist weder kompliziert noch riskant, sondern ein ganz normaler Vorgang, wenn sich deine Einkommenssituation ändert. In diesem Artikel erfährst du, wie das funktioniert – und du bekommst sogar eine Mustervorlage, die du direkt nutzen kannst.

Was sind Steuervorauszahlungen überhaupt?

Steuervorauszahlungen sind vierteljährliche Abschlagszahlungen, die du auf deine voraussichtliche Einkommensteuer (und ggf. Gewerbesteuer) leisten musst. Das Finanzamt geht dabei davon aus, dass du auch im laufenden Jahr ähnliche Einkünfte erzielst wie im Vorjahr – und berechnet auf dieser Basis deine Vorauszahlungspflicht.

Warum gibt es überhaupt Vorauszahlungen?

Der Staat möchte nicht bis zur nächsten Steuererklärung warten, um Geld zu bekommen – frei nach dem Motto „Haben ist besser als brauchen“ zahlst du also bereits unterjährig anteilig Steuern. Das soll nicht nur dem Fiskus helfen, sondern eigentlich auch dir: So verteilen sich deine Steuerzahlungen über das Jahr und werden planbarer.

Vorauszahlungen sind üblich bei diesen Steuerarten:

  • Einkommensteuer: betrifft alle Selbstständigen und Freelancer:innen
  • Gewerbesteuer: nur relevant, wenn du gewerblich tätig bist und nicht als Freiberufler:in eingestuft wirst
  • Solidaritätszuschlag (falls noch anfällt) und ggf. Kirchensteuer

Grundlage für die Berechnung ist dein letzter Steuerbescheid. Aus dem darin festgestellten Einkommen ermittelt das Finanzamt deinen Steuersatz und legt auf Basis dieser Prognose die vierteljährlichen Vorauszahlungen fest.

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Warum deine Steuervorauszahlungen (plötzlich) zu hoch sein können

Du hast den neuen Bescheid in der Hand – und fragst dich, wie das Finanzamt auf diesen Betrag kommt? Dann geht es dir wie vielen Selbstständigen. Wie eben erwähnt: Die Vorauszahlungen richten sich nicht nach deiner aktuellen Auftragslage, sondern nach dem, was du im letzten Steuerjahr verdient hast. Und das kann schnell zu überzogenen Forderungen führen.

Typische Gründe für zu hohe Vorauszahlungen

  • Umsatzrückgang: Du hast weniger Kund:innen, Aufträge bleiben aus oder Projekte verschieben sich
  • Krankheit oder Elternzeit: Du konntest zeitweise gar nicht oder nur eingeschränkt arbeiten
  • Investitionen oder Umstrukturierung: Du hast bewusst weniger Gewinn gemacht, z. B. wegen einer Weiterbildung oder Geschäftsverlagerung
  • Wechsel in die Teilzeit-Selbstständigkeit: Du arbeitest weniger Stunden oder baust dein Business nach einer Pause neu auf 
  • Einmaliger Ausreißer im Vorjahr: Z. B. durch einen besonders lukrativen Auftrag oder eine Sonderzahlung

Das Finanzamt kann deine Situation nicht kennen, wenn du es ihm nicht mitteilst. Ohne neue Informationen geht es davon aus, dass du auch im aktuellen Jahr wieder ähnliche Gewinne erzielst – und berechnet die Vorauszahlungen entsprechend. Es gibt keine automatische Anpassung, ob dein Einkommen nun sinkt oder steigt.

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So kannst du deine Steuervorauszahlungen anpassen lassen

Wenn du merkst, dass deine Vorauszahlungen nicht mehr zur Realität passen, kannst du beim Finanzamt ganz unkompliziert eine Herabsetzung beantragen. Das geht formfrei – wichtig ist nur, dass du deine Gründe gut erklärst und sie möglichst belegst.

So stellst du den Antrag

Du kannst den Antrag auf drei Wegen stellen:

  • per ELSTER (über das Formular „Anpassung der Vorauszahlungen“)
  • per E-Mail oder Brief an dein zuständiges Finanzamt
  • schriftlich über deine:n Steuerberater:in (wenn du eine:n hast)

“Der Antrag muss nicht kompliziert sein. Wichtig ist:

  • Du erklärst kurz, warum deine Einkünfte gesunken sind
  • Du gibst an, welchen Gewinn oder welches Einkommen du für das laufende Jahr erwartest
  • Optional: Du fügst Nachweise bei (z. B. Umsatzübersicht, BWA, Auftragslage)”

Andreas Reichert - Steuerberater und Partner von Accountable

Welche Nachweise helfen?

  • Einnahmenübersicht für die bisherigen Monate des Jahres
  • BWA (betriebswirtschaftliche Auswertung), wenn du mit einer Buchhaltungssoftware arbeitest
  • Schriftliche Erläuterung deiner aktuellen Geschäftssituation (z. B. weniger Aufträge, Krankheit, Umstrukturierung)
  • Falls vorhanden: Vergleichszahlen aus dem Vorjahr, um die Abweichung zu verdeutlichen

Mustervorlage für deinen Antrag

Damit du nicht lange überlegen musst, wie du deinen Antrag formulierst, findest du hier eine einfache Vorlage. Du kannst sie per E-Mail, Brief oder direkt über ELSTER (im entsprechenden Formularfeld) verwenden.

Betreff: Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das Jahr [Jahreszahl]

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die Herabsetzung meiner Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das Jahr [Jahreszahl].

Begründung:

Meine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit haben sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert. Der erwartete Gewinn für das laufende Jahr liegt voraussichtlich bei ca. [geschätzter Jahresgewinn in €].

Grund hierfür ist [z. B. ein Rückgang der Auftragslage, eine krankheitsbedingte Auszeit, der Wechsel in eine Teilzeittätigkeit etc.].

Zur Veranschaulichung habe ich eine Übersicht der bisherigen Einnahmen im Jahr [Jahreszahl] beigefügt. Auf Wunsch reiche ich weitere Nachweise nach.

Ich bitte um Prüfung meines Antrags und eine entsprechende Anpassung der Vorauszahlungen. Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen  

[Vorname Nachname]  

[Steuernummer]  

[Adresse, E-Mail, Telefonnummer]

💡 Du kannst diesen Text ganz einfach an deine Situation anpassen. Falls du auch Gewerbesteuer-Vorauszahlungen leisten musst, kannst du den Antrag entsprechend erweitern.

Wichtige Fristen und Zeitpunkte

Die gute Nachricht vorweg: Für die Anpassung deiner Steuervorauszahlungen gibt es keine feste Frist, die du zwingend einhalten musst. Du kannst grundsätzlich jederzeit einen Antrag stellen. Trotzdem gibt es ein paar Zeitpunkte, an denen es besonders sinnvoll ist, aktiv zu werden.

Diese Zeitpunkte lohnen sich besonders

Vor dem nächsten VorauszahlungsterminNach Abgabe der aktuellen Steuererklärung
Vorauszahlungen werden jeweils zum 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember fällig. Wenn du den Antrag einige Wochen vor einem dieser Termine stellst, kannst du eventuell verhindern, dass ein zu hoher Betrag eingezogen wird.Wenn dein Einkommen im letzten Jahr deutlich niedriger war als im Vorjahr, kannst du nach dem neuen Steuerbescheid ebenfalls eine Anpassung beantragen – falls das Finanzamt die Vorauszahlungen nicht automatisch senkt.

Wie oft darfst du eine Anpassung beantragen?

So oft, wie es nötig ist – aber:
Das Finanzamt erwartet bei jeder neuen Beantragung eine nachvollziehbare Begründung. Wenn du sehr häufig Anpassungen einreichst, kann es passieren, dass das Finanzamt genauer prüft oder zusätzliche Nachweise anfordert.

Was passiert, wenn du zu lange wartest?

Dann zahlst du womöglich zu viel – und das kann Liquidität binden, die du an anderer Stelle dringend brauchst. Zwar bekommst du den zu viel gezahlten Betrag am Jahresende zurück, aber bis dahin fehlt dir das Geld auf dem Konto.

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Was passiert nach deinem Antrag?

Du hast den Antrag abgeschickt – und dann? Je nach Finanzamt kann es ein paar Tage oder auch mehrere Wochen dauern, bis du eine Rückmeldung bekommst. Wichtig ist: Keine Panik, wenn nicht sofort etwas passiert.

Mögliche Reaktionen des Finanzamts

Antrag wird bewilligt
Du erhältst einen neuen Vorauszahlungsbescheid mit niedrigeren Beträgen. Diese gelten ab dem nächsten Fälligkeitstermin. Bereits gezahlte Beträge bleiben bestehen – eine Rückerstattung gibt es erst bei der Jahresveranlagung.

Das Finanzamt bittet um Nachweise oder Rückfragen
Gerade bei starken Abweichungen zur bisherigen Einschätzung kann das Finanzamt zusätzliche Unterlagen verlangen, z. B. Umsatzlisten, BWA oder Kontoauszüge. Antworte zügig und sachlich – dann steht der Anpassung meist nichts im Weg.

Antrag wird abgelehnt
Das kommt vor, z. B. wenn deine Begründung nicht überzeugend war oder das Finanzamt deine Prognose für zu niedrig hält. Du kannst dann Widerspruch einlegen oder einen neuen, besser begründeten Antrag stellen.

Ab wann gilt die neue Vorauszahlung?

Die geänderten Vorauszahlungen gelten in der Regel ab dem nächsten Quartal, also zum nächstmöglichen Fälligkeitstermin. In manchen Fällen wird auch rückwirkend angepasst – das liegt im Ermessen des Finanzamts.

Wichtig: Reaktion abwarten – aber nicht vergessen

Falls du innerhalb von 4–6 Wochen keine Antwort erhältst, lohnt sich eine kurze Rückfrage – am besten telefonisch oder per ELSTER-Nachricht. 

Was du sonst noch wissen solltest

Auch wenn die Anpassung deiner Steuervorauszahlungen ein einfacher und sinnvoller Schritt ist, gibt es ein paar Punkte, die du unbedingt beachten solltest – vor allem, wenn es um realistische Prognosen und mögliche Nachzahlungen geht.

Keine „Strafe“, aber mögliche Nachzahlung

Wenn du deine Vorauszahlungen herabsetzen lässt und sich am Ende des Jahres herausstellt, dass du doch mehr verdient hast, musst du die Differenz ganz normal mit dem Steuerbescheid nachzahlen. Das ist keine Strafe – sondern schlicht der Ausgleich zwischen Vorauszahlung und tatsächlicher Steuerlast.

Das bedeutet: Je stärker du herunterrechnest, desto wahrscheinlicher wird eine spätere Nachzahlung.

➡️ So vermeidest du generell Nachzahlungen bei deiner Steuererklärung

Lieber realistisch als zu optimistisch

Gerade in angespannten Phasen ist die Versuchung groß, die Einnahmeerwartung sehr niedrig anzusetzen. Doch Vorsicht: Wer zu stark untertreibt, kann sich später selbst ins Aus manövrieren – etwa durch eine hohe Nachzahlung oder Probleme mit der Liquidität.

Tipp: Wenn du unsicher bist, nimm lieber einen realistischen Durchschnitt der letzten Monate – und rechne eher vorsichtig als extrem knapp.

Unterschied zur Steuererstattung

Eine Herabsetzung der Vorauszahlungen ist nicht dasselbe wie eine Steuererstattung. Die Erstattung bekommst du erst mit dem Steuerbescheid für das Jahr – meist also viele Monate später. Die Vorauszahlungsanpassung entlastet dich vorab.

Auch rückwirkende Korrekturen sind möglich

Wenn du bereits zu viel gezahlt hast, kannst du das ebenfalls beim Finanzamt ansprechen. Eine rückwirkende Anpassung ist in Ausnahmefällen möglich, z. B. wenn der Rückgang der Einnahmen früh im Jahr erkennbar war, du den Antrag aber erst später gestellt hast.

➡️ Hier findest du weitere Infos zu Bearbeitungsdauer und Fristen bei deiner Steuererklärung.

Fazit: Liquidität sichern durch aktive Anpassung

Steuervorauszahlungen sind kein unumstößliches Schicksal – gerade für Selbstständige und Freelancer:innen, deren Einnahmen stark schwanken können. Wenn deine Vorauszahlungen zu hoch angesetzt sind, lohnt es sich, frühzeitig aktiv zu werden.

Denn jede zu hohe Vorauszahlung bindet Liquidität, die du vielleicht dringend für Miete, Rücklagen oder Investitionen brauchst. Mit einem formlosen Antrag, ein paar Zahlen und einem realistischen Blick auf dein aktuelles Einkommen kannst du deine Steuerlast fair anpassen lassen – ganz ohne Risiko.

Wichtig ist nur:

  • Du stellst den Antrag rechtzeitig
  • Du begründest die Anpassung nachvollziehbar
  • Du kalkulierst realistisch, um spätere Nachzahlungen zu vermeiden

Kurz gesagt: Wer sich kümmert, hat mehr Spielraum – und mehr Ruhe im Kopf. Also: Wenn deine Vorauszahlungen aktuell nicht zur Realität passen, warte nicht bis zum Jahresende. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, das zu ändern.

FAQ – Häufige Fragen zur Anpassung von Steuervorauszahlungen

Wie oft darf ich eine Anpassung beantragen?
So oft wie nötig – solange du deine Gründe gut erklären kannst. Bei häufigen Anträgen kann das Finanzamt jedoch Nachweise verlangen oder genauer nachfragen.

Kann ich den Antrag auch rückwirkend stellen, wenn ich schon zu viel gezahlt habe?
In der Regel wirkt die Änderung ab dem nächsten Vorauszahlungstermin. Eine rückwirkende Anpassung ist nur in Ausnahmefällen möglich – frag im Zweifel beim Finanzamt nach.

Was passiert, wenn das Finanzamt meinen Antrag ablehnt?
Dann kannst du Widerspruch einlegen oder einen neuen Antrag mit besserer Begründung und konkreteren Nachweisen stellen. Lass dich davon nicht entmutigen.

Gilt die neue Vorauszahlung für das gesamte Jahr?
Nein, in der Regel gilt sie nur ab dem nächsten Quartal. Für bereits geleistete Zahlungen gibt es keine Rückerstattung – das wird erst mit dem Steuerbescheid verrechnet.

Muss ich den Antrag jedes Jahr neu stellen?
Nur wenn sich deine Einkommenssituation erneut ändert. Das Finanzamt passt die Vorauszahlungen automatisch an, sobald ein neuer Steuerbescheid vorliegt – aber nicht zwischendurch.

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Autor - Andreas Reichert

Andreas Reichert ist erfahrener Steuerberater und Partner von Accountable.

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