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Freistellungsbescheinigung: So kannst du den Steuerabzug bei Bauleistungen vermeiden

Geschrieben von: Andreas Reichert

Aktualisiert am: Juli 31, 2025

Lesezeit: 6 Minuten

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Wenn du Bauleistungen erbringst oder beauftragst, kommst du um einen Begriff nicht herum: die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG. Sie entscheidet darüber, ob dein Auftraggeber 15 % deines Rechnungsbetrags direkt ans Finanzamt abführt – oder ob du den vollständigen Betrag erhältst.

In diesem Artikel zeigen wir dir, was genau hinter der Freistellungsbescheinigung steckt, wie du sie beantragst, welche rechtlichen Pflichten damit verbunden sind – und welche Fehler du unbedingt vermeiden solltest.

Was ist eine Freistellungsbescheinigung (§ 48b EStG)?

Wenn du als Unternehmer:in eine Bauleistung erbringst – zum Beispiel im Hochbau, Tiefbau, bei Renovierungen oder Installationen –, kann dein Honorar um 15 % gekürzt werden. Denn dein:e Auftraggeber:in ist gesetzlich verpflichtet, diesen Anteil vom Rechnungsbetrag einzubehalten und direkt an das Finanzamt abzuführen. Das nennt sich Bauabzugssteuer und ist in § 48 EStG geregelt.

Mit einer gültigen Freistellungsbescheinigung entfällt dieser Einbehalt. Du bekommst also den vollen Betrag deiner Rechnung – ohne Abzug. Das ist besonders wichtig für deine Liquidität, denn 15 % weniger auf dem Konto können gerade bei größeren Aufträgen schnell schmerzen.

💡 Gut zu wissen: Die Bescheinigung ist personen- bzw. unternehmensbezogen und muss dem Auftraggeber rechtzeitig vorgelegt werden – idealerweise vor der ersten Zahlung.

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Warum gibt es die Bauabzugssteuer?

Die Bauabzugssteuer wurde eingeführt, um Steuerausfälle im Baugewerbe zu verhindern – etwa durch Scheinfirmen oder Schwarzarbeit. Deshalb werden Auftraggeber:innen in die Pflicht genommen: Sie müssen den Steueranteil einbehalten, wenn keine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt.

💡 Wichtig: Die Abzugspflicht gilt nur, wenn

  • die Bauleistung im Inland erbracht wird und
  • der oder die Auftraggeber:in ein Unternehmen oder eine juristische Person ist.

Privatpersonen oder Auslandsleistungen sind in der Regel nicht betroffen.

Welche Leistungen sind betroffen?

Die Bauabzugssteuer betrifft viele typische Arbeiten im Baugewerbe – zum Beispiel:

  • Erd- und Betonarbeiten, Maurerarbeiten
  • Elektroinstallationen, Heizungs- und Sanitärbau
  • Maler-, Fliesenleger- und Trockenbauarbeiten
  • Garten- und Landschaftsbau

💡 Hinweis: Der einbehaltene Betrag ist keine zusätzliche Steuer, sondern wird auf deine Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet. Ohne Freistellungsbescheinigung kann er aber vorübergehend deine Liquidität belasten – insbesondere für kleinere Betriebe ein echtes Risiko.

Freistellungsbescheinigung beim Finanzamt beantragen: So geht’s

Wenn du regelmäßig Bauleistungen erbringst, solltest du dir frühzeitig beim Finanzamt eine Freistellungsbescheinigung besorgen. Sie sorgt dafür, dass deine Auftraggeber:innen keinen Steuerabzug vornehmen müssen – und du deine Honorare vollständig erhältst.

Voraussetzungen für die Freistellungsbescheinigung

Das Finanzamt prüft vor der Ausstellung, ob du steuerlich zuverlässig bist. Das bedeutet konkret:

  • Du hast in der Vergangenheit alle Steuererklärungen pünktlich abgegeben.
  • Es bestehen keine erheblichen Steuerrückstände.
  • Du erfüllst deine Zahlungspflichten gegenüber dem Finanzamt.

Erfüllst du diese Kriterien, steht der Bescheinigung meist nichts im Weg.

➡️ Das bedeuten die häufigsten Briefe vom Finanzamt.

So stellst du den Antrag

Die Beantragung ist unkompliziert und kann auf verschiedenen Wegen erfolgen:

  • klassisch schriftlich per Post
  • online über ELSTER
  • per E-Mail oder telefonisch beim zuständigen Finanzamt

Wichtig ist, dass du deine vollständigen Angaben machst (Name, Anschrift, Steuernummer, gewünschter Zeitraum und ggf. Projektbezug). Die Bearbeitung dauert je nach Finanzamt zwischen einigen Tagen bis wenigen Wochen.

Nach erfolgreicher Prüfung erhältst du die Bescheinigung per Brief oder digital – und kannst sie direkt an deine Auftraggeber:innen weitergeben.

💡 Hinweis: Die Ausstellung der Freistellungsbescheinigung ist kostenfrei. Es können allerdings Kosten durch Beratung entstehen, falls du Unterstützung durch eine:n Steuerberater:in in Anspruch nimmst.

Sonderfall: Subunternehmer und Generalunternehmer

In der Bauwirtschaft sind mehrstufige Auftragsketten üblich: Generalunternehmer beauftragen Subunternehmer:innen, die wiederum mit Nachunternehmen arbeiten. Genau hier wird die Bauabzugssteuer schnell komplex – und eine fehlende Freistellungsbescheinigung kann teuer werden.

Wer muss die Freistellungsbescheinigung vorlegen?

Jede:r Leistungserbringer:in von Bauleistungen – egal ob Haupt- oder Subunternehmer:in – muss dem jeweiligen Auftraggeber eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegen. Das bedeutet:

  • Subunternehmer:innen müssen ihre Bescheinigung dem Generalunternehmer vorlegen.
  • Der Generalunternehmer haftet dafür, dass seine Subunternehmen korrekt abgerechnet werden.
  • Fehlt eine gültige Bescheinigung, ist der jeweilige Auftraggeber verpflichtet, 15 % des Bruttobetrags einzubehalten und ans Finanzamt abzuführen.

💡 Wichtig für Generalunternehmer:innen: Du haftest auch für die Einhaltung durch deine Subunternehmen. Deshalb solltest du:

  • die Bescheinigung vor der ersten Zahlung einfordern,
  • das Prüfdatum dokumentieren (z. B. Screenshot oder PDF),
  • im Vertrag klar regeln, dass der Steuerabzug erfolgt, wenn die Bescheinigung fehlt.

Was passiert ohne Freistellungsbescheinigung?

Liegt keine gültige Bescheinigung vor, greift automatisch die Bauabzugssteuer – 15 % des Bruttobetrags werden vom Auftraggeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

Beispiel:

  • Du stellst eine Rechnung über 10.000 € brutto.
  • Dein Auftraggeber behält 1.500 € ein und überweist dir nur 8.500 €.
  • Die 1.500 € gehen direkt ans Finanzamt und werden auf deine spätere Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet – sie fehlen dir jedoch kurzfristig für laufende Kosten.

Wer haftet für die Bauabzugssteuer?

Der bzw. die Auftraggeber:in haftet, wenn er oder sie trotz fehlender Bescheinigung keinen Abzug vornimmt – selbst bei kleinen Beträgen oder langjährigen Partnerschaften. Neben der Steuerschuld können Säumniszuschläge und Bußgelder anfallen.

Deshalb gilt: Auch bei kleinen Beträgen und langjährigen Beziehungen sollte jede:r Auftraggeber:in auf eine gültige Bescheinigung bestehen.

💡 Hinweis: Der Einbehalt muss mit einer eigenen Steueranmeldung gemeldet und spätestens bis zum 10. des Folgemonats ans Finanzamt abgeführt werden – vergleichbar mit der Lohnsteuer.

Gültigkeit und Verlängerung der Freistellungsbescheinigung

Eine Freistellungsbescheinigung wird vom Finanzamt für einen bestimmten Zeitraum ausgestellt. In der Regel beträgt die Gültigkeit bis zu drei Jahre, je nach steuerlicher Einschätzung und Unternehmenssituation. In manchen Fällen – zum Beispiel bei Neugründungen – kann das Finanzamt die Bescheinigung kürzer befristen, etwa auf ein Jahr.

💡 Tipp: In bestimmten Fällen kannst du auch eine auftrags- oder objektbezogene Freistellungsbescheinigung erhalten, die nur für ein einzelnes Bauprojekt gilt. Diese endet automatisch mit Abschluss des jeweiligen Auftrags.

Stelle sicher, dass du rechtzeitig vor Ablauf eine Verlängerung beantragst – am besten mit ein paar Wochen Vorlaufzeit. Denn ohne gültige Bescheinigung muss dein:e Auftraggeber:in sofort wieder den Steuerabzug vornehmen.

Was tun bei Ablauf oder Änderungen?

Du solltest deine Bescheinigung rechtzeitig vor Ablauf verlängern, um Zahlungsverzögerungen oder Steuerabzüge zu vermeiden. Besonders wichtig:

  • Ändert sich deine Rechtsform, Anschrift oder Steuernummer, informiere das Finanzamt umgehend.
  • In diesem Fall musst du ggf. eine neue Bescheinigung beantragen, da sie immer auf bestimmte Firmendaten ausgestellt ist.

Tipp: Erinnerung im Kalender setzen

Plane ein paar Wochen Vorlauf ein – besonders bei vielen laufenden Projekten. Denn: Ohne gültige Bescheinigung müssen Auftraggeber:innen sofort wieder die 15 % einbehalten, selbst wenn es nur ein Übergangstag ist.

Freistellungsbescheinigung prüfen: So geht’s

Auch wenn dir eine Freistellungsbescheinigung vorliegt: Verlassen solltest du dich nicht blind darauf. Denn als Auftraggeber:in trägst du die Verantwortung dafür, dass das Dokument gültig und echt ist. Eine einfache Prüfung schützt dich vor bösen Überraschungen.

So prüfst du die Gültigkeit online

Die Prüfung erfolgt über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt):

  1. Rufe die Seite des BZSt auf.
  2. Gib deine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) und die des Bauleistenden ein.
  3. Du erhältst sofort die Info, ob eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt.

Alternativ kannst du die Echtheit telefonisch oder schriftlich beim Finanzamt erfragen – allerdings dauert das meist länger.

Diese Angaben solltest du dokumentieren

Für jeden Bauauftrag ist es sinnvoll, folgende Daten abzuspeichern:

  • Kopie oder Scan der Bescheinigung
  • Datum der Online-Prüfung inkl. Screenshot oder PDF
  • Name und Steuernummer des Bauleistenden
  • Gültigkeitszeitraum der Bescheinigung

💡 Wichtig: Bewahre diese Dokumente mindestens 6 Jahre auf – das Finanzamt kann sie im Rahmen einer Betriebsprüfung anfordern.

„Beantrage die Freistellungsbescheinigung rechtzeitig, prüfe ihre Gültigkeit regelmäßig – und dokumentiere alles sorgfältig. So bist du rechtlich auf der sicheren Seite und sicherst dir gleichzeitig mehr Planungssicherheit für deine Finanzen.“

Andreas Reichert - Steuerberater und Partner von Accountable

Antrag auf Freistellungsbescheinigung abgelehnt? Das kannst du tun

Nicht jeder Antrag auf eine Freistellungsbescheinigung wird automatisch genehmigt. Besonders bei Neugründungen, bei steuerlichen Unregelmäßigkeiten oder wenn offene Pflichten gegenüber dem Finanzamt bestehen, kann es zu einer Ablehnung oder Verzögerung kommen.

Mögliche Gründe für die Ablehnung

  • Offene Steuerzahlungen oder Rückstände:
    Wenn du fällige Steuerzahlungen – etwa Einkommensteuer, Umsatzsteuer oder Vorauszahlungennicht beglichen hast, bewertet das Finanzamt deine Zuverlässigkeit negativ. Auch kleinere Rückstände können ein Ausschlusskriterium sein, insbesondere wenn sie über längere Zeit unbeachtet blieben.
  • Fehlende oder verspätete Steuererklärungen:
    Hast du eine oder mehrere Steuererklärungen nicht abgegeben, z. B. die Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- oder Gewerbesteuererklärung, kann das Finanzamt deinen Antrag blockieren. Die Bescheinigung setzt voraus, dass du deinen Deklarationspflichten vollständig und fristgerecht nachkommst.
  • Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit:
    Hierunter fällt ein allgemein negatives Verhalten gegenüber dem Finanzamt – z. B. wiederholt verspätete Zahlungen, fehlende Kooperation bei Prüfungen oder widersprüchliche Angaben in Steuerunterlagen. Auch Unregelmäßigkeiten bei früheren Betriebsprüfungen können dazu führen, dass dein Antrag kritisch geprüft oder abgelehnt wird.
  • Unvollständige oder widersprüchliche Angaben im Antrag:
    Wenn wichtige Daten fehlen – etwa Steuernummer, Zeitraum oder Angaben zur Tätigkeit – oder wenn die gemachten Angaben nicht mit dem vorliegenden Steuerakten übereinstimmen, wird der Antrag in der Regel nicht bearbeitet oder direkt abgelehnt. Auch formale Fehler, wie fehlende Unterschriften oder veraltete Dokumente, führen oft zur Rückmeldung vom Finanzamt.

💡 Tipp: Die Begründung der Ablehnung findest du meist in einem formalen Bescheid des Finanzamts. Lies diesen genau – so kannst du gezielt nachbessern und ggf. zeitnah einen neuen Antrag stellen oder Widerspruch einlegen.

Wie du reagieren kannst

Wurde dein Antrag abgelehnt, ist das zwar ärgerlich – aber kein Grund zur Sorge. Mit dem richtigen Vorgehen kannst du Unklarheiten klären und bald erneut eine Freistellungsbescheinigung beantragen.

  1. Begründung sorgfältig prüfen
    Lies dir den Ablehnungsbescheid genau durch. Prüfe, welcher Punkt konkret zur Ablehnung geführt hat – zum Beispiel offene Steuern, fehlende Erklärungen oder unklare Angaben. Oft lassen sich die genannten Mängel durch Nachreichen von Unterlagen oder Zahlungen kurzfristig beheben.
  2. Steuerberater:in einbeziehen
    Wenn du unsicher bist, hol dir Unterstützung von eine:r erfahrenen Steuerberater:in. Sie oder er kann:
    • mit dem Finanzamt kommunizieren,
    • eine sachliche Einschätzung geben,
    • und ggf. eine strategische Lösung vorschlagen, wie du die Hürde überwindest.
  1. Folgeantrag stellen
    Sobald du die genannten Mängel beseitigt hast (z. B. Steuerrückstände ausgeglichen, Erklärungen nachgereicht), kannst du einen neuen Antrag stellen. Oft reicht es, den Nachweis der Zahlung oder der eingereichten Erklärung beizufügen, um die Vertrauenswürdigkeit wiederherzustellen.
  2. Widerspruch einlegen (wenn berechtigt)
    Du bist mit der Ablehnung nicht einverstanden? Dann hast du das Recht, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids schriftlich Widerspruch einzulegen. Wichtig dabei:
  1. Begründe deinen Einspruch sachlich und nachvollziehbar.
  2. Lege alle relevanten Unterlagen bei, die deine Sichtweise stützen.
  3. Nutze ggf. auch hier die Unterstützung eines Steuerprofis.

💡 Tipp: Auch wenn die Freistellungsbescheinigung vorerst fehlt, kannst du den einbehaltenen Steueranteil später bei deiner Einkommen- oder Körperschaftsteuer als Vorauszahlung anrechnen lassen. Das Geld ist also nicht verloren – es steht dir nur zunächst nicht zur Verfügung.

➡️ Wenn du dich fragst, ob sich eine Steuerberatung generell für dich lohnt: Das sind die Aufgaben eines Steuerberaters bzw. einer Steuerberaterin.

Fazit: Pflicht oder Kür? Warum sich der Antrag lohnt

Ob Handwerksbetrieb, Bauunternehmen oder selbstständige:r Dienstleister:in im Baugewerbe – die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ist in vielen Fällen unverzichtbar. Sie schützt dich vor dem automatischen Steuerabzug von 15 % – und sorgt dafür, dass du dein Honorar in voller Höhe erhältst.

Aber auch für Auftraggeber:innen lohnt sich der Blick auf die Bescheinigung. Denn: Fehlende Prüfung kann teuer werden, wenn das Finanzamt später Nachforderungen stellt.

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Autor - Andreas Reichert

Andreas Reichert ist erfahrener Steuerberater und Partner von Accountable.

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