Der Jahreswechsel ist für viele Selbstständige die Zeit, in der steuerlich einiges zusammenkommt. Eine oft übersehene Feinheit dabei: die 10-Tage-Regel. Sie kann darüber entscheiden, ob bestimmte Zahlungen – wie z. B. deine Umsatzsteuer-Vorauszahlung – noch ins alte Jahr oder erst ins neue Jahr fallen. Und das wirkt sich direkt auf deinen Gewinn und deine Steuerlast aus. Wir erklären dir, worauf es ankommt.
Die sogenannte „10-Tage-Regelung“ ist im Einkommensteuergesetz verankert und gilt für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben – also Zahlungen, die mindestens einmal im Jahr anfallen. Typische Beispiele sind deine Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, aber auch Mieten, Versicherungen oder dauerhafte Software-Abos, die regelmäßig gebucht werden.
Die 10-Tage-Regel basiert auf dem sogenannten Zufluss-Abfluss-Prinzip: Einnahmen und Ausgaben zählen in dem Jahr, in dem sie tatsächlich auf dem Konto eingehen oder das Konto verlassen. Die 10-Tage-Regelung stellt dabei eine Sonderregelung dar – weiter unten findest du ganz konkrete Beispiele, wie du sie richtig anwendest.
Der Clou: Wenn du solche Zahlungen zwischen dem 22. Dezember und dem 10. Januar leistest oder erhältst, dürfen sie steuerlich dem Jahr zugeordnet werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Im Gesetz heißt es wörtlich: „Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.“ (§ 11 EStG, Satz 2)
Das bedeutet konkret: Zahlst du deine Dezember-Miete am 8. Januar, kannst du sie noch in der Steuer fürs alte Jahr geltend machen – vorausgesetzt, es handelt sich um eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe.
💡Hinweis von Accountable: Die 10-Tage-Regelung ist besonders wichtig für alle, die ihren Gewinn über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln. Gerade bei der EÜR lässt sich die 10-Tage-Regel häufig sinnvoll anwenden – etwa bei Miete, Versicherungen oder Umsatzsteuer-Vorauszahlungen.
Wichtig: Die Zahlung muss nicht nur fällig, sondern auch tatsächlich innerhalb dieses 10-Tage-Zeitraums abgeflossen sein. Der gute Vorsatz „Ich zahle das gleich am Montag“ hilft hier leider nicht weiter, wenn Montag schon der 11. ist.
Die 10-Tage-Regelung greift nur bei bestimmten Arten von Zahlungen – genauer gesagt bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben. Das bedeutet: Es muss sich um Zahlungen handeln, die mindestens einmal jährlich anfallen und wirtschaftlich klar einem bestimmten Jahr zugeordnet werden können.
Beispiele für wiederkehrende Ausgaben:
Einnahmen können z. B. sein:
Nicht betroffen sind dagegen einmalige Zahlungen, zum Beispiel der Kauf eines Laptops oder eine unregelmäßige Sonderzahlung. Auch alles, was nicht innerhalb der 10 Tage tatsächlich gezahlt oder eingenommen wurde, fällt raus – selbst wenn es auf der To-do-Liste stand. Den Laptop, aber auch ein neues iPad oder einen neuen Computer kannst du als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen.
➡️ Coworking-Space in der Steuererklärung: So setzt du ihn richtig ab
Damit die 10-Tage-Regel wirklich greift, müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigsten Punkte sind:
✅ Regelmäßigkeit
Die Zahlung muss regelmäßig wiederkehren – also monatlich, quartalsweise oder jährlich. Einmalige Zahlungen fallen nicht unter die Regelung.
✅ wirtschaftliche Zugehörigkeit zum Vorjahr
Die Zahlung muss das alte Jahr betreffen, also z. B. eine Vorauszahlung für Dezember oder eine Versicherung, die bis 31. Dezember läuft.
✅ tatsächlicher Zahlungszeitpunkt
Entscheidend ist nicht der Termin, wann du überweist, sondern wann das Geld wirklich abgeflossen ist – also auf dem Kontoauszug auftaucht. Das gilt auch bei Daueraufträgen oder Lastschriften: Wenn die Bank erst am 11. Januar bucht, ist es zu spät.
✅ Zeitraum: 22. Dezember bis 10. Januar
Nur Zahlungen innerhalb dieses Zeitfensters lassen sich zurückdatieren. Vor dem 22. Dezember oder nach dem 10. Januar zählt die Zahlung automatisch ins neue Jahr.
Merke: Eine Zahlung, die am 10. Januar fällig ist, aber erst am 11. Januar abgeht, ist steuerlich nicht mehr rückwirkend anrechenbar.
💡Tipp von Accountable: Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember zählt zu den Klassikern der 10-Tage-Regel – auch mit Blick auf den Vorsteuerabzug. Erfolgt die Zahlung rechtzeitig, bleibt der Vorsteuerabzug im alten Jahr erhalten, was sich steuermindernd auswirkt.
In der Buchhaltung – etwa bei Verwendung des SKR 03 – wird die Zahlung meist auf Konto 1780 (Umsatzsteuer-Vorauszahlung) gebucht. Die richtige zeitliche Einordnung ist hier ebenfalls entscheidend.
➡️ Was SKR 03 bedeutet, erfährst du im Ratgeber „Kontenplan einrichten für Selbstständige und Freelancer“
Mit Blick auf Umsatzsteuer-Vorauszahlungen wird’s bei der 10-Tage-Regel etwas knifflig – aber das ist wichtig: Was ist, wenn der 10. Januar auf einen Samstag oder Sonntag fällt und du erst am nächsten Werktag die Vorauszahlung leistet, z. B. am 11. Januar (Montag)? Früher galt: Kein Problem – dann wurde einfach auf den nächsten Bankarbeitstag verlängert.
Doch in den letzten Jahren hat die Rechtsprechung, nicht zuletzt durch mehrere grundsätzliche Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH), festgelegt: Die 10-Tage-Regel ist streng auszulegen – eine Fristverlängerung, nur weil der 10. Januar ein Wochenende ist, gibt es nicht. Entscheidend ist dabei vor allem, ob die Zahlung bis spätestens zum 10. Januar abgeflossen ist – also von deinem Konto abgebucht wurde. Egal, an welchem Wochentag.
Wenn du dem Finanzamt eine SEPA-Lastschriftmandat für die Umsatzsteuer-Vorauszahlung erteilt hast, sieht die Lage entspannter aus. Denn hier gilt nicht der Tag der Abbuchung auf deinem Konto, sondern der Zeitpunkt, zu dem die Zahlung als rechtzeitig veranlasst gilt – und das ist in diesem Fall der Tag, an dem das Finanzamt die Steuer fällig stellt, also z. B. am 10. Januar.
Heißt konkret:
👉 Auch wenn das Finanzamt die Abbuchung erst am 11. oder 12. Januar vornimmt (weil der 10. ein Samstag ist), gilt die Zahlung als rechtzeitig geleistet – die 10-Tage-Regel greift trotzdem.
Wichtig ist aber:
Zahlungsart | Zahlung am 11. Januar gültig? | Anrechenbar für das Vorjahr? |
Manuelle Überweisung | ❌ Nein | ❌ Nein |
Dauerauftrag (gebucht am 11. Januar) | ❌ Nein | ❌ Nein |
SEPA-Lastschrift durch das Finanzamt | ✅ Ja | ✅ Ja |
💡Tipp von Accountable: Wenn du häufig von der 10-Tage-Regel betroffen bist, lohnt es sich, dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung zu erteilen – das reduziert das Risiko von Fristverstößen erheblich.
Die folgenden Beispiele zeigen dir, wie die 10-Tage-Regelung in der Praxis nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip funktioniert – und worauf du achten solltest, damit du keine Fristen verpasst.
Du bist vierteljährlich zur Umsatzsteuer-Voranmeldung verpflichtet. Deine Vorauszahlung für Q4/2024 ist zum 10. Januar 2025 fällig. Du überweist am 10. Januar vormittags, die Buchung erscheint am gleichen Tag – ✅ alles gut.
Zahlst du aber erst am 11. Januar (z. B. weil der 10. auf einen Samstag fällt), wird die Zahlung steuerlich ins Jahr 2025 geschoben – ❌ nicht mehr abziehbar für 2024.
Du arbeitest regelmäßig im Coworking-Space, die Miete wird per Dauerauftrag gezahlt. Der Auftrag läuft auf den 10. Januar, fällt aber auf einen Sonntag. Die Bank bucht am Montag, dem 11. – ❌ damit fällt die Ausgabe ins neue Jahr, obwohl sie den Dezember betrifft.
Deine Jahresprämie wird jedes Jahr am 8. Januar abgebucht – perfekt, denn sie betrifft das Vorjahr (Versicherungszeitraum endet am 31.12.) und wurde pünktlich im 10-Tage-Fenster gezahlt. ✅ Die Kosten kannst du also für das alte Jahr ansetzen.
Es gibt einen interessanten Sonderfall, den viele übersehen: Wenn du regelmäßig wiederkehrende Ausgaben (z. B. die Jahresprämie deiner Betriebshaftpflichtversicherung) bereits vor dem 22. Dezember bezahlst – und sie wirtschaftlich ins Folgejahr gehören – kannst du den Betrag trotzdem im alten Jahr ansetzen.
So funktioniert's:
Dieser Fall zeigt, dass es nicht nur auf die Fälligkeit ankommt, sondern vor allem darauf, wann die Zahlung abgeht. Vor dem 22. Dezember ist das kein Problem, und du kannst die Ausgabe sofort geltend machen!
Die 10-Tage-Regel ist kein Hexenwerk – aber in der Praxis passieren immer wieder kleine Fehler, die sich steuerlich auswirken können. Hier die häufigsten Stolperfallen und wie du sie umgehst:
❌ Fehler 1: Zahlung nur fällig, aber nicht geleistet
Nur weil eine Zahlung zum 10. Januar fällig ist, heißt das noch lange nicht, dass sie auch steuerlich relevant fürs alte Jahr ist. Entscheidend ist der tatsächliche Zahlungszeitpunkt – also, wann das Geld vom Konto abgeht.
✔️ Lösung: Kontoauszüge checken und Fristen nicht nur vormerken, sondern auch real einhalten.
❌ Fehler 2: Dauerauftrag wird zu spät gebucht
Du richtest einen Dauerauftrag für den 10. Januar ein – aber der 10. ist ein Sonntag, und die Bank bucht erst am 11. Montag. Damit bist du raus aus dem 10-Tage-Fenster.
✔️ Lösung: Daueraufträge lieber auf den 8. oder 9. Januar legen, um Spielraum zu haben.
❌ Fehler 3: Einmalige oder unregelmäßige Zahlungen
Nicht jede Zahlung, die um den Jahreswechsel herum erfolgt, fällt unter die 10-Tage-Regel. Einmalige Anschaffungen oder seltene Rechnungen zählen nicht dazu.
✔️ Lösung: Nur regelmäßig wiederkehrende Zahlungen wie Mieten, Versicherungen, Steuern berücksichtigen.
❌ Fehler 4: Kein Überblick über Buchungsdatum
Gerade bei automatisierten Zahlungen (z. B. Tools, Abos) weißt du manchmal nicht, wann genau die Buchung erfolgt.
✔️ Lösung: Einmal im Jahr prüfen, welche Zahlungen regelmäßig anfallen – und in welchem Zeitraum sie vom Konto abgehen. Wenn nötig, Zahlungszeitpunkte anpassen.
Die 10-Tage-Regel gibt dir die Möglichkeit, dein steuerliches Ergebnis aktiv mitzugestalten – vorausgesetzt, du kennst die Regeln. Wer weiß, wann und wie regelmäßig wiederkehrende Zahlungen wirksam werden, kann böse Überraschungen beim Jahresabschluss vermeiden.
Du musst kein Steuerprofi sein, um die Regel sinnvoll zu nutzen – ein bisschen Aufmerksamkeit rund um den 10. Januar reicht oft schon aus. Und wenn du dabei auf saubere Buchungen, klare Fristen und den richtigen Zahlungszeitpunkt achtest, hast du die 10-Tage-Regel ganz entspannt im Griff.
Gerade im Rahmen der Einkommensteuer kann die 10-Tage-Regel spürbare Auswirkungen haben – vor allem für dich als Selbstständige:r mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Denn wer die Regel kennt, kann gezielt gestalten und ungewollte Gewinnverschiebungen vermeiden.
Was fällt unter die 10-Tage-Regelung?
Die 10-Tage-Regelung gilt für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben, die wirtschaftlich ins alte Jahr gehören, aber zwischen dem 22. Dezember und 10. Januar zu- oder abgeflossen sind. Sie erlaubt, diese Zahlungen rückwirkend im Vorjahr zu berücksichtigen.
Gilt die 10-Tage-Regel auch für einmalige Ausgaben, z. B. den Kauf eines neuen Laptops?
Nein. Die 10-Tage-Regel gilt nur für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben – also z. B. Miete, Versicherungen oder Steuervorauszahlungen. Einmalige Anschaffungen sind ausgeschlossen.
Ich habe am 10. Januar überwiesen, aber die Bank hat erst am 11. gebucht. Was jetzt?
Dann greift die 10-Tage-Regel leider nicht mehr. Entscheidend ist der tatsächliche Abfluss vom Konto – nicht das Datum, an dem du überwiesen hast.
Was passiert, wenn der 10. Januar auf ein Wochenende fällt?
Wenn du selbst überweist oder einen Dauerauftrag nutzt, musst du sicherstellen, dass die Zahlung spätestens am 10. Januar abgegangen ist – egal ob Werktag oder nicht.
Ausnahme: Hast du dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung erteilt, zählt die Zahlung auch dann noch, wenn sie erst am 11. oder 12. Januar vom Konto abgebucht wird.
Gilt die Regel auch für Einnahmen, z. B. wenn ich am 8. Januar eine Lizenzzahlung erhalte?
Ja, auch Einnahmen können unter die 10-Tage-Regel fallen – wenn sie regelmäßig wiederkehren (z. B. monatliche Lizenzgebühren) und wirtschaftlich das alte Jahr betreffen. Einmalige Gutschriften oder Bonuszahlungen gehören nicht dazu. Auch bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen wie Mieten oder Lizenzgebühren kannst du die 10-Tage-Regelunganwenden – vorausgesetzt, sie betreffen wirtschaftlich das alte Jahr und fließen im 10-Tage-Zeitraum zu.
Kann ich die 10-Tage-Regel jedes Jahr anwenden?
Ja – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kannst (und solltest) du die 10-Tage-Regel jedes Jahr nutzen. Sie ist fester Bestandteil des Steuerrechts und besonders für Einnahmen-Überschuss-Rechnungen relevant.
20 Kapitel knallhart recherchiert und vom Steuerprofi geprüft
Kostenlos herunterladenAutor - Robert Jödicke
Robert Jödicke ist ein erfahrener Steuerexperte und Autor bei Accountable, spezialisiert auf Steuertipps und Steuerersparnisse für Selbstständige.
Wer ist Robert ?Danke für dein Feedback!
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