Anfängliche Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit sind nichts Ungewöhnliches. Gerade in den ersten Jahren kämpfen viele Gründer:innen, Freelancer:innen und Kleinunternehmer:innen mit hohen Anfangsinvestitionen, schwankenden Einnahmen und langsamen Wachstumsphasen. Auch das Finanzamt spielt in der Regel mit und erkennt diese Verluste zunächst an. Doch weist man über längere Zeiträume hinweg nur Verluste aus, fordert die Behörde einen besonderen Nachweis ein: die sogenannte Gewinnerzielungsabsicht.
Kannst du diesen Nachweis nicht erbringen, droht die Einstufung deiner Tätigkeit als „Liebhaberei“. In diesem Ratgeber erfährst du, was die Gewinnerzielungsabsicht bedeutet, wie sie rechtlich verankert ist, welche Kriterien das Finanzamt anlegt und mit welchen Nachweisen du überzeugen kannst.
Im Kern ist die Definition der Gewinnerzielungsabsicht leicht zu verstehen:
Wer ein Unternehmen gründet oder sich selbstständig macht, verfolgt in der Regel das Ziel, damit Geld zu verdienen. Dieses Prinzip gilt auch für andere Tätigkeiten mit Einkünften, etwa bei der Vermietung oder Verpachtung von Ferienimmobilien.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist die Gewinnerzielungsabsicht ein zentrales Abgrenzungskriterium zwischen Erzielung der Einkünfte und privater Lebensführung. Sie entscheidet also darüber, ob Verluste steuerlich geltend gemacht und ob etwaige Vorsteuern abgezogen werden dürfen oder nicht.
Die Gewinnerzielungsabsicht ist zwar nicht in einem eigenen Paragrafen detailliert definiert, sie ergibt sich aber aus dem Einkommensteuergesetz (EStG). In Verbindung mit § 2 EStG (Einkunftsarten) und § 4 EStG (Gewinnbegriff) versteht man darunter das Streben nach Betriebsvermögensmehrung. Der Bundesfinanzhof (BFH) beschreibt es als das Ziel, am Ende eines Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen gegenüber dem Vorjahr zu steigern.
Das bedeutet: Jede selbstständige Tätigkeit wird steuerlich zunächst so eingeordnet, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Damit soll ausgeschlossen werden, dass jemand ein Hobby ausübt, dabei Kosten steuerlich absetzt, aber gar nicht ernsthaft versucht, Gewinne zu erwirtschaften.
Der Haken an den Regelungen im EStG: Die Gewinnerzielungsabsicht wird nur ganz allgemein vorgeschrieben. Wenn es darum geht, wie hoch der Gewinn ausfallen oder wann er erzielt werden muss, liegt die Entscheidung beim zuständigen Finanzamt. Und hier fußen die Bewertungen häufig mehr auf Erfahrungen oder internen Richtwerten als auf gesetzlichen Regelungen.
Die Gewinnerzielungsabsicht ist die Grundlage dafür, ob Verluste von den Einnahmen abgezogen und mit anderen Einkünften verrechnet werden dürfen. Ohne sie kannst du deine Kosten nicht steuerlich geltend machen.
Beispiel:
Fall A – mit Gewinnerzielungsabsicht:
Eine nebenberuflich selbstständige Fotografin investiert 10.000 € in ihre erste Ausrüstung. Sie macht im ersten Jahr Verluste, weist aber einen Businessplan und konkrete Aufträge für die kommenden Jahre nach. Die Verluste kann sie steuerlich absetzen und so ihre Steuerlast senken.
Fall B – ohne Gewinnerzielungsabsicht:
Eine Hobbyfotografin kauft sich dieselbe Ausrüstung, fotografiert aber nur Bekannte und erzielt kaum Einnahmen. Das Finanzamt erkennt die Kosten nicht an, da es sich nicht um eine ernsthafte Erwerbstätigkeit handelt, sondern um Liebhaberei.
💡Tipp von Accountable: Du hast einen Brief vom Finanzamt zur Gewinnerzielungsabsicht erhalten? Mit unserem kostenlosen AI-Tool kannst du diese Briefe ganz einfach analysieren lassen und bekommst eine klare Zusammenfassung. So kannst du sicher sein, dass du die Anforderungen des Finanzamts auch richtig verstehst.
Wann also das Finanzamt aktiv wird, hängt durchaus von deiner Behörde bzw. dem oder der Sachbearbeiter:in ab. Grundsätzlich ist es aber so, dass man bei einem über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nachgewiesenen Betrag von weniger als 410,00 Euro Gewinn davon ausgeht, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Das ist nämlich die Grenze, die du freiberuflich oder gewerblich neben deinem festen Gehalt pro Jahr steuerfrei verdienen darfst.
Zudem bewerten die Finanzämter meist einen längeren Zeitrahmen. Ein „Ausrutscher“ in einem Jahr ist also nicht dramatisch. Doch wenn du über einen Zeitraum von drei Jahren keine Gewinne machst oder fünf Jahre nach Start deiner selbstständigen Tätigkeit immer noch im Minus bist, wird das Finanzamt misstrauisch und könnte dein Unternehmen als sogenannte „Liebhaberei“ einstufen. Bei der Liebhaberei steht nicht die Gewinnerzielung im Vordergrund, sondern die persönliche Freude, das Hobby oder die Freizeitgestaltung als Teil der Lebensführung.
Das hat manchmal Vorteile, da du in diesem Fall Einnahmen nicht versteuern und keine Gewinnermittlung durchführen musst. Andererseits droht dir bei einer Einstufung als Liebhaberei der Entzug des Gewerbescheins, sodass du nun auch Ausgaben mit Bezug auf deine Tätigkeit nicht mehr von der Steuer absetzen kannst.
💡Tipp von Accountable: Vor allem in den ersten Tätigkeitsjahren erkennt das Finanzamt Verluste zwar an, versieht den Steuerbescheid aber mit einem Vorläufigkeitsvermerk. Das bedeutet: Deine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht ganz klar. Dein Bescheid bleibt punktuell offen, um die weitere Entwicklung zu beobachten und später die Verluste einfacher aberkennen zu können. Nimm solche Vermerke also immer ernst!
Das Problem der mangelnden Gewinne, vor allem in den Anfangsjahren, kennen viele Selbstständige und Freelancer:innen. Doch nicht alle Tätigkeiten stehen gleich stark unter Verdacht. Besonders häufig prüft das Finanzamt bei:
Vermutet das Finanzamt, dass du mit deiner selbstständigen Tätigkeit keinen Gewinn erzielen willst, kommt es zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht. Das bedeutet: Du musst die Behörden davon überzeugen, dass du wirtschaftlich erfolgreich sein willst, um einer Einstufung als Liebhaberei zu entgehen.
Die Gewinnerzielungsabsicht zählt nämlich zu den „inneren“ Tatsachen, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden können. Die richtigen Argumente zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach zu bewerkstelligen, weil jede Situation etwas anders ist.
Der Nachweis muss auf jeden Fall schlüssig sein und klar aufzeigen, wann du wieder Gewinne erzielst. Als Argumentationshilfe haben wir für dich typische Situationen einmal genauer aufgeschlüsselt.
Als du deine Selbstständigkeit gestartet oder dein Gewerbe angemeldet hast, hast du wahrscheinlich einen Businessplan erstellt. Neben der ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung gehörte auch ein Rentabilitätsplan dazu. Diesen kannst du nehmen und für deine Situation aktualisieren.
Stelle alle voraussichtlichen Kosten und die geplanten Einnahmen gegenüber. Auch wenn du voraussichtlich nicht gleich im nächsten Jahr Gewinne erzielst, so muss doch eine positive Tendenz erkennbar sein. Diesen Plan legst du deinem Finanzamt schnellstmöglich vor.
Wenn du seit drei Jahren keine Gewinne mehr ausgewiesen hast, fordert das Finanzamt häufig eine sogenannte „Gewinnprognose“ an. Das ist durchaus knifflig, denn berücksichtigt werden alle Gewinne und Verluste der vergangenen und laufenden Jahre. Zudem musst du dem Finanzamt im Zusammenhang mit deiner Gewinnerzielungsabsicht darlegen, wann du einen Totalgewinn erzielen wirst.
Das bedeutet: Wenn du bislang nur Verluste gemacht hast, musst du jetzt aufzeigen, wie du in Zukunft einen so hohen Gewinn erwirtschaften willst, dass er die Verluste der letzten Jahre mehr als ausgleicht. Dein Gewerbe muss also grundsätzlich „schwarze Zahlen“ schreiben.
Wenn es um die Kosten geht, liegen Plan und Wirklichkeit manchmal weit auseinander. Wenn sich also zum Beispiel infolge der Inflation deine Materialkosten deutlich erhöht haben, ist das ein legitimer Grund für niedrigere Umsätze. Oder wenn ein teures Gerät in deinem Maschinenpark defekt ging und teuer ersetzt werden musste.
Mit einer gründlichen Fehleranalyse kannst du dem Finanzamt nachweisen, wo das Problem lag. Allerdings solltest du auch zeigen, wie du es beheben willst, etwa durch Kosteneinsparungen oder Umstrukturierungen, die den Umsatz steigen lassen.
Auch Freelancer:innen und Selbstständige können sich unter Umständen auf „höhere Gewalt“ für einen Umsatzeinbruch berufen. Selbstständige im Baugewerbe sind direkt von einem frühzeitigen oder langanhaltenden Winter betroffen. Wird die Fußgängerzone direkt vor dem Restaurant aufgerissen, müssen Gastronom:innen möglicherweise auf den einkalkulierten hohen Anteil an Laufkundschaft verzichten.
Doch auch private Gründe können dazu führen, dass das Geschäft nicht mehr im Vordergrund steht. Dazu zählen etwa eine schwere Erkrankung des Ehepartners oder des Kindes. Wer also nicht so arbeiten kann, wie er oder sie möchte, kann dies dem Finanzamt gegenüber erklären.
Wie bereits erwähnt, stufen Finanzämter Selbstständige (und Unternehmen) nur dann als Liebhaberei ein, wenn sie mehrere Jahre hintereinander Verluste schreiben. Das bedeutet auch: Ein Jahr mit Gewinn entkräftet den Verdacht auf Liebhaberei und sorgt dafür, dass das Finanzamt von deiner Gewinnerzielungsabsicht überzeugt ist.
Für den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht kommen auch Beweise über ein gewisses Maß an Professionalität infrage. Überzeugende Argumente sind dabei:
Ein ausgefülltes Musterschreiben zur Gewinnerzielungsabsicht kann dir helfen, dem Finanzamt deine Pläne übersichtlich und nachvollziehbar darzulegen. Dabei solltest du deine persönlichen Daten sowie die Eckdaten deines Unternehmens angeben und anschließend strukturiert erläutern, wie du Gewinne erzielen willst. Ein solches Schreiben umfasst in der Regel folgende Punkte:
Die Gewinnerzielungsabsicht ist ein entscheidendes Kriterium dafür, ob deine selbstständige Tätigkeit steuerlich anerkannt wird. Machst du über einen längeren Zeitraum hinweg Verluste, musst du dem Finanzamt überzeugend darlegen können, dass du tatsächlich ein langfristiges Gewinnziel verfolgst und nicht lediglich einer privaten „Liebhaberei“ nachgehst.
In der Praxis bedeutet das, dass du einen nachvollziehbaren Business- oder Rentabilitätsplan vorlegen kannst, realistische Gewinnprognosen erstellst und bei anhaltenden Verlusten deren Ursachen analysierst und entsprechende Gegenmaßnahmen einleitest. Ebenso wichtig ist es, deine Tätigkeit professionell zu organisieren. Das kannst du etwa durch eine klare Buchführung, eine strukturierte Kundenakquise und ein erkennbares Geschäftsmodell bewerkstelligen. Auf diese Weise stellst du sicher, dass deine Tätigkeit steuerlich anerkannt wird und du Verluste weiterhin mit anderen Einkünften verrechnen darfst.
💡Tipp von Accountable: Bei Fragen dazu kannst du dich auch an die Steuer-Coaches von Accountable wenden. Accountable ist das Steuerprogramm für Selbstständige und unsere Coaches unterstützen dich bei allen Fragen rund um die Selbstständigkeit.
20 Kapitel knallhart recherchiert und vom Steuerprofi geprüft
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Autor - Sophia Merzbach
Sophia ist seit vielen Jahren Teil des Accountable-Teams und verbindet journalistische Genauigkeit mit handfestem Steuerwissen.
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