Als Freelancer:in oder Solo-Selbstständige:r kennst du das Problem vielleicht: Du arbeitest seit Jahren für einen oder mehrere Auftraggeber, baust dir ein stabiles Business auf – und dann plötzlich taucht das Wort Scheinselbstständigkeit auf. Spätestens, wenn ein potenzieller Auftraggeber dich um eine Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bittet oder du dich fragst, ob dein Geschäftsmodell wirklich rechtssicher ist, kommt das Thema ins Spiel.
Kein Wunder also, dass viele Selbstständige das Statusfeststellungsverfahren als Damoklesschwert über ihrer Arbeit sehen. Doch was genau steckt dahinter? Wann ist das Verfahren relevant? Und vor allem: Wie kannst du dich absichern?
Das Statusfeststellungsverfahren soll klären, ob du tatsächlich selbstständig arbeitest oder ob du in den Augen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) eine abhängige Beschäftigung ausübst (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Falls Letzteres festgestellt wird, kann das für dich und deinen Auftraggeber teuer werden: Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen für bis zu vier Jahre drohen (§ 25 SGB IV).
Das Verfahren wird von der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt und bezieht sich auf den Status zum Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme. Es kann sowohl freiwillig als auch verpflichtend durchgeführt werden.
Pflichtverfahren:
Es gibt Fälle, in denen das Verfahren automatisch durchgeführt wird:
💡 Auch die Krankenkassen können ein Statusfeststellungsverfahren anstoßen, wenn sie Zweifel an deinem sozialversicherungsrechtlichen Status haben.
Freiwillige Antragstellung:
Du kannst das Verfahren freiwillig beantragen, wenn du dir unsicher bist, ob du als Selbstständige:r eingestuft wirst oder nicht. Das kann sinnvoll sein, um rechtliche Sicherheit zu bekommen, insbesondere wenn du langfristig mit einem großen Auftraggeber arbeitest.
💡 Die notwendigen Formulare findest du auf der Website der Clearingstelle.
Ob du selbstständig oder abhängig beschäftigt bist, hängt nicht von deinem Vertrag ab, sondern von der tatsächlichen Art deiner Tätigkeit. Das bedeutet: Selbst wenn dein Vertrag dich als „Freie:r Mitarbeiter:in“ bezeichnet, kann die DRV zu einem anderen Ergebnis kommen und dir „Scheinselbstständigkeit“ vorwerfen.
Die zentralen Prüfkriterien sind in § 7 SGB IV definiert und werden von der Clearingstelle individuell bewertet. Dabei gilt eine Gesamtabwägung – es gibt keine einzelne Regel, die automatisch zur Einstufung als abhängig beschäftigt führt.
Weisungsgebundenheit und Kontrolle
Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers
Unternehmerisches Risiko
Auftragsverhältnis: Ein Kunde oder mehrere?
Vertretung durch Dritte
Individuelle Prüfung: Kein Punkt entscheidet allein
Die DRV wägt diese Punkte im Gesamtkontext ab. Ein einzelnes Kriterium allein führt noch nicht automatisch zur Einstufung als abhängig beschäftigt – aber wenn mehrere Merkmale auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten, steigt das Risiko einer negativen Entscheidung.
💡 Tipp: Wenn du langfristig mit einer einzigen Kund:in arbeitest oder stark in ein Unternehmen eingebunden bist, solltest du besonders auf eine klare vertragliche und organisatorische Abgrenzung achten!
Das Statusfeststellungsverfahren kann sich über mehrere Monate hinziehen. Deshalb solltest du es frühzeitig beantragen, wenn du es für eine geplante Zusammenarbeit benötigst.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) gibt eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 3 bis 6 Monaten an.In Einzelfällen kann es auch länger dauern – besonders, wenn zusätzliche Unterlagen nachgefordert werden oder die Clearingstelle Rückfragen hat.
Es gibt keine feste Frist, bis wann du einen Antrag auf Statusfeststellung stellen musst. Theoretisch kannst du ihn jederzeit einreichen – allerdings gilt die Entscheidung der DRV immer rückwirkend ab Beginn der Tätigkeit.
Falls du das Verfahren freiwillig beantragst, solltest du es direkt zum Start einer neuen Zusammenarbeit tun. Spätere Anträge können zu Problemen führen, wenn sich herausstellt, dass du über längere Zeit sozialversicherungspflichtig gewesen wärst.
Falls du mit der Entscheidung der DRV nicht einverstanden bist, kannst du:
💡 Wichtig: Auch wenn du Widerspruch einlegst, bleibt die ursprüngliche Entscheidung zunächst gültig – das heißt, du oder dein:e Auftraggeber:in müsst eventuell Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, solange das Verfahren läuft.
💡 Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 05.03.2014 (B 12 R 7/12 R) klargestellt, dass im Statusfeststellungsverfahren nur Rechtsanwält:innen zur Vertretung befugt sind. Dein:e Steuerberater:in darf dich in diesem Verfahren nicht vertreten.
Ja, und genau das macht das Verfahren für viele Selbstständige so riskant: Die DRV kann den sozialversicherungsrechtlichen Status rückwirkend für bis zu 4 Jahre prüfen und Beitragsnachforderungen stellen (§ 25 SGB IV).
💡 Wichtig: Die DRV kann eine Statusprüfung auch ohne dein Zutun anstoßen – etwa, wenn ein:e Auftraggeber:in geprüft wird und dabei dein Vertrag auffällt. Deshalb ist es wichtig, sich proaktiv abzusichern.
Falls die DRV entscheidet, dass du nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt bist, kann das erhebliche finanzielle und berufliche Konsequenzen haben – sowohl für dich als auch für deine:n Auftraggeber:in.
Sozialversicherungsbeiträge für bis zu 4 Jahre rückwirkend müssen nachgezahlt werden (§ 25 SGB IV). Der Auftraggeber muss in der Regel den vollen Arbeitgeberanteil nachzahlen und kann versuchen, den Arbeitnehmeranteil von dir zurückzufordern – aber nur für die letzten 3 Monate.
Wenn die DRV entscheidet, dass du abhängig beschäftigt bist, wird dein:e Auftraggeber:in rückwirkend zum Arbeitgeber. Das bedeutet, dass er oder sie dich formal nachmelden muss – einschließlich Lohnabrechnung, Sozialversicherung und weiterer Pflichten.
💡 Viele Auftraggeber:innen versuchen, sich durch eine Kündigung oder Vertragsumstellung aus der Verpflichtung zu lösen.
Deine bisherigen Rechnungen werden in Lohn umgewandelt, was steuerliche Auswirkungen haben kann. Und falls du als selbstständige:r Unternehmer:in Umsatzsteuer berechnet hast, könnte es problematisch werden, da Angestellte keine Umsatzsteuer abführen.
Falls du nur eine:n oder wenige Auftraggeber:innen hast und die DRV dich als abhängig beschäftigt einstuft, kann das dein gesamtes Geschäftsmodell ins Wanken bringen. Dazu kommt: Wenn dein:e Hauptauftraggeber:in nicht bereit ist, dich fest anzustellen, kann das zum Verlust deines wichtigsten Einkommens führen.
💡 Wichtig: Manche Auftraggeber:innen versuchen, das Risiko zu umgehen, indem sie keine langfristigen Verträge mit Freelancer:innen eingehen – das kann für dich als Selbstständige:r ebenfalls zu Unsicherheiten führen.
Autor - Sophia Merzbach
Sophia ist seit vielen Jahren Teil des Accountable-Teams und verbindet journalistische Genauigkeit mit handfestem Steuerwissen.
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