Wenn du dich selbstständig machst, kommst du immer wieder mit dem Begriff „Berufskammer“ in Berührung. Fast jede Berufsgruppe gehört einer Kammer an. Aber was genau verbirgt sich dahinter?
Erfahre, für welche Berufe es Berufskammern gibt, wie du dort Mitglied wirst und wie du als Selbstständige:r oder Unternehmer:in von ihren Aufgaben profitierst.
Was ist eine Berufskammer? Definition
Stell dir eine Berufskammer wie eine Interessenvertretung für deinen Berufsstand vor. In Deutschland gibt es für viele verschiedene Berufe entsprechende Berufskammern. Sie dienen der Selbstverwaltung einer Branche oder Berufsgruppe auf regionaler Ebene. Das bedeutet, dass die Mitglieder:innen der Kammer selbst Regeln für die Ausübung ihres Berufs aufstellen und überwachen. Dabei unterstehen sie der Aufsicht der jeweiligen Landesministerien oder -gerichte. Die Gebiete, für die sie zuständig sind, werden als Kammerbezirke bezeichnet.
Die Berufskammer sind nicht mit der Berufsgenossenschaft zu verwechseln. Berufsgenossenschaften sind gesetzliche Unfallversicherungen für Arbeitnehmer:innen in bestimmten Branchen.
Welche Berufskammern gibt es?
Die Mitgliedschaft in einer Berufskammer ist für viele Berufsgruppen Pflicht. Neben der Unterscheidung zwischen Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern (IHK) gibt es noch weitere eigenständige Berufskammern für beispielsweise:
Gewerbe: Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern (IHK). Insgesamt gibt es 53 Handwerkskammern und 79 IHKs in Deutschland.
Freie Berufe: Dazu gehören zum Beispiel Kammerberufe wie Ärzt:in, Apotheker:in, Ingenieur:in, Rechtsanwält:in, Architekt:in, Wirtschaftsprüfer:in, Notar:in und Steuerberater:in.
Landwirtschaft: Diese Kammer vertritt die Interessen der sogenannten grünen Berufe, also z. B. Landwirt:in, Winzer:in, Gärtner:in, Jäger:in oder Forstwirt:in
Diese Berufe sind nicht kammerpflichtig
Nicht alle Berufsgruppen sind kammerpflichtig. Dazu gehören u. a.:
Journalist:in und Publizist:in
Künstler:in und Kulturschaffende
Schriftsteller:in und Autor:in
Unternehmensberater:in
Webdesigner:in
Für die meisten anderen Unternehmerberufe ist die Mitgliedschaft in einer Berufskammer obligatorisch.
Die Aufgaben der Berufskammern in Deutschland: Im Dienste der Berufsgruppen
Berufskammern nehmen vielfältige Aufgaben wahr, die im Kern der Interessenvertretung und Selbstverwaltung ihrer Berufsgruppen liegen. Die konkreten Aufgaben der Kammern können je nach Berufsgruppe variieren. Die wichtigsten Tätigkeitsfelder:
1. Interessenvertretung
Stimme gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit: Eine Berufskammer spricht für die Interessen und Belange ihrer Mitglieder:innen gegenüber Politiker:innen, Wirtschaftsvertreter:innen und der breiten Öffentlichkeit.
Wahrung berufsständischer Interessen: Berufskammern setzen sich für die Erhaltung und den Ausbau der berufsständischen Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder:innen ein.
Förderung des Berufsstandes: Berufskammern engagieren sich für die positive Wahrnehmung des Berufsstandes in der Gesellschaft und für die Attraktivität des Berufsbildes.
2. Selbstverwaltung
Entwicklung von Berufsordnungen und Satzungen: Eine Berufskammer erstellt und aktualisiert die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen, die für die Ausübung des Berufs gelten.
Zulassungsverfahren: Sie prüft die Voraussetzungen für die Berufsausübung und erteilen ggf. die notwendigen Zulassungen.
Überwachung der Berufsausübung: Berufskammern kontrollieren, ob ihre Mitglieder sich an die berufsrechtlichen Vorgaben halten.
Berufsgerichtsbarkeit: In einigen Fällen führen Kammern Berufsgerichte, die bei berufsrechtswidrigem Verhalten Sanktionen verhängen können.
3. Förderung von Aus- und Weiterbildung
Gestaltung der Ausbildungsinhalte: Berufskammern wirken an der Entwicklung von Ausbildungsordnungen und Curricula mit.
Entwurf von Prüfungsrichtlinien: Sie erstellen die Richtlinien für die berufsbezogenen Prüfungen.
Abnahme von Prüfungen: In einigen Fällen führen Kammern die berufsbezogenen Prüfungen selbst durch.
Definition von Zugangsvoraussetzungen: Berufskammern legen fest, welche Voraussetzungen für die Teilnahme an Spezialisierungen und Weiterbildungen erforderlich sind.
4. Weitere Aufgaben:
Festlegung von Gebührenordnungen: Kammern setzen in einigen Berufen Gebührenordnungen fest, z. B. für Notargebühren.
Statistische Erhebungen: Sie erheben und veröffentlichen branchenspezifische Statistiken.
Erstellung von Gutachten: Eine Berufskammer erstellt auf Anfrage Gutachten zu berufsrelevanten Themen.
Unterstützung bei Tarifverhandlungen: Sie unterstützt ihre Mitglieder bei Tarifverhandlungen mit Gewerkschaften.
Beratung zu Altersvorsorge und Berufsunfähigkeit: Eine Berufskammer bietet Beratung zu Themen wie Altersvorsorge, Berufsunfähigkeit und Sterbefall an.
Mediatorenfunktion: In Streitfällen kann eine Berufskammer als Mediatorin tätig werden und helfen, Lösungen zu finden.
Publikation von Neuigkeiten und Rechtsurteilen: Berufskammern informieren über branchenrelevante Neuigkeiten und Rechtsurteile.
Zwar ist die Mitgliedschaft in einer Kammer für viele Selbstständige Pflicht, aber lass dich davon nicht abschrecken. Anstatt über die Zwangsbeiträge zu jammern, nutze die zahlreichen Vorteile und Angebote deiner Berufskammer.
Pflicht zur Mitgliedschaft: So einfach wirst du Kammermitglied
Als Selbstständige:r bist du in der Regel dazu verpflichtet, Mitglied in einer Berufskammer zu werden. Aber keine Sorge, der Prozess ist meist unkompliziert und automatisiert.
Die Kosten: Kammerbeiträge zahlen
Zunächst zu den Kosten. Für die Mitgliedschaft in der Berufskammer fallen Beiträge an. Die Höhe der Kammerbeiträge variiert je nach Berufskammer und Unternehmensgröße. In der Regel berechnen sich die Beiträge nach der Struktur und Größe deines Unternehmens.
Für Existenzgründer:innen bieten viele Kammern vergünstigte oder sogar kostenlose Mitgliedschaften in den ersten Jahren an. Informiere dich hierzu direkt bei deiner Berufskammer. Denke bei der Erstellung deines Businessplans daran, die Kammerbeiträge als Betriebsausgaben einzubeziehen.
Die Mitgliedschaft in einer Berufskammer erfolgt automatisch.
Anmeldung des Gewerbes: Sobald du dein Unternehmen beim Finanzamt bzw. Gewerbeamt angemeldet hast, werden deine Daten automatisch an die zuständige Berufskammer weitergeleitet.
Post von der Kammer: Du erhältst von der Berufskammer einen Aufnahmeantrag und gegebenenfalls weitere Informationen.
Fragebogen ausfüllen: Fülle den Fragebogen sorgfältig aus und schicke ihn unterschrieben an die Berufskammer zurück.
Mitgliedschaft bestätigt: Nach Prüfung deiner Angaben erhältst du eine Bestätigung deiner Mitgliedschaft.
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