7 Prozent oder doch 19 Prozent? Wer umsatzsteuerpflichtig ist, kennt diese Frage nur allzu gut. Welcher Umsatzsteuersatz auf der Rechnung angewandt werden muss, hängt nämlich von der Art der erbrachten Leistung oder Lieferung an. Wir erklären, was du zur Umsatzsteuer und den unterschiedlichen Steuersätzen wissen musst.
Die Umsatzsteuer, die auch umgangssprachlich immer noch „Mehrwertsteuer“ genannt wird, ist eine Verbrauchssteuer, die auf den Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen erhoben wird. Für Selbstständige bedeutet das: Wenn du umsatzsteuerpflichtig bist, musst du den Nettopreis deiner Leistung um die gesetzlich vorgeschriebene Steuer erhöhen und den Gesamtbetrag deinen Kund:innen in Rechnung stellen. Die eingenommene Umsatzsteuer leitest du anschließend an dein zuständiges Finanzamt weiter – je nach Höhe deiner Umsätze monatlich, vierteljährlich oder jährlich im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung.
Beispiel:
Du betreibst ein kleines Designstudio und gestaltest für einen Kunden ein neues Logo. Der Netto-Preis für deine Leistung beträgt 1.000 Euro. Da auf Designleistungen in der Regel der Regelsteuersatz von 19 % gilt, schlägst du 190 Euro Umsatzsteuer auf. Auf deiner Rechnung steht also ein Gesamtbetrag von 1.190 Euro. Diese 190 Euro zahlst du später ans Finanzamt – sie gehören nicht zu deinem eigentlichen Umsatzgewinn.
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Die Begriffe Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer und Vorsteuer werden im Alltag oft durcheinandergebracht – dabei meinen sie zwar dieselbe Steuerart, aber aus unterschiedlichen Perspektiven.
Spricht man von Mehrwertsteuer, ist damit meist die Perspektive der Verbraucher:innen gemeint. Sie begegnen dieser Steuer täglich beim Einkauf: auf Kassenzetteln, Rechnungen oder im Online-Shop. Dort ist in der Regel der Endpreis inklusive Mehrwertsteuer angegeben. Für Privatpersonen ist diese Steuer endgültig – sie können sie nicht zurückfordern oder verrechnen.
Der Begriff Umsatzsteuer wird hingegen auf Unternehmensseite verwendet. Selbstständige und Unternehmer:innen, die nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen, müssen für ihre Leistungen Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen und diese später an das Finanzamt abführen. Die Umsatzsteuer ist damit für sie kein zusätzlicher Gewinn, sondern ein durchlaufender Posten.
Kauft ein Unternehmen selbst etwas ein, etwa Büroausstattung, Software oder Dienstleistungen, fällt auch hier Umsatzsteuer an. In diesem Zusammenhang spricht man dann von Vorsteuer. Unternehmen dürfen diese Steuer unter bestimmten Voraussetzungen vom Finanzamt zurückfordern – oder mit der eigenen Umsatzsteuerschuld verrechnen. Das ist ein wesentlicher Vorteil der Regelbesteuerung und entlastet Selbstständige bei geschäftlichen Ausgaben.
➡️ Wenn du mehr zu diesem Thema wissen willst, dann lese diesen Artikel: Was ist der Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer?
Früher oder später kommt jede selbstständige Person mit der Umsatzsteuer in Berührung – unabhängig davon, ob sie Produkte verkauft oder Dienstleistungen anbietet. Denn die Pflicht zur Umsatzsteuer betrifft nicht nur die Rechnungsstellung. Sie hat auch Auswirkungen auf die gesamte Buchhaltung, die Preisgestaltung und die monatliche oder vierteljährliche Liquiditätsplanung.
Wer umsatzsteuerpflichtig ist, muss regelmäßig eine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Dabei wird die Differenz zwischen der eingenommenen Umsatzsteuer und der gezahlten Vorsteuer ermittelt. Ist der Betrag positiv, musst du den Überschuss an das Finanzamt überweisen. Liegt die Vorsteuer über der Umsatzsteuer, bekommst du Geld zurück. Damit das korrekt funktioniert, müssen alle Einnahmen und Ausgaben vollständig und nachvollziehbar dokumentiert werden.
➡️ Umsatzsteuer für Freiberufler: Alles, was du wissen musst
➡️ Umsatzsteueridentifikationsnummer: Das musst du wissen
In Deutschland gibt es grundsätzlich zwei Umsatzsteuersätze: den Regelsteuersatz von 19 Prozent und den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Welcher davon auf einer Rechnung ausgewiesen werden muss, hängt davon ab, welche Art von Ware oder Dienstleistung du anbietest. Die gesetzliche Grundlage dafür ist § 12 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Der Regelsteuersatz von 19 Prozent kommt in den meisten Fällen zur Anwendung. Er gilt für nahezu alle Waren und Dienstleistungen, die nicht als Grundbedarf eingestuft werden. Dazu zählen unter anderem Beratungsleistungen, digitale Produkte, Elektronik, Möbel oder auch handwerkliche Arbeiten.
Der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent wird hingegen für bestimmte Produkte und Leistungen erhoben, die als besonders notwendig oder gesellschaftlich relevant gelten. Das betrifft vor allem Bereiche wie Grundversorgung, Bildung und Kultur. Dazu gehören zum Beispiel:
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Ob der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent wirklich angewendet werden darf, hängt nicht nur davon ab, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung grundsätzlich als „notwendig“ gilt. Die genaue Einstufung richtet sich nach den Vorgaben im Umsatzsteuergesetz. Dort ist detailliert aufgelistet, welche Lieferungen und Leistungen unter den ermäßigten Steuersatz fallen.
In der Praxis zeigt sich: Was als grundbedarfsrelevant eingestuft wird, ist nicht immer logisch nachvollziehbar. So gilt etwa der ermäßigte Satz für frisches Obst, nicht aber für daraus gepresste Säfte. Auch bei verarbeiteten Lebensmitteln, Kombinationsprodukten oder Dienstleistungen mit künstlerischen Elementen ist die Rechtslage oft nicht eindeutig. Und Hygieneartikel für Frauen wurden lange Zeit mit dem 19-Prozent-Satz besteuert – erst 2020 wurde der Umsatzsteuersatz auf 7 Prozent gesenkt, um Frauen finanziell zu entlasten.
Hinzu kommen politische Entscheidungen, die temporär bestimmte Branchen entlasten sollen – etwa die Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie während der Corona-Pandemie. Solche Sonderregelungen sind jedoch zeitlich befristet und ändern sich regelmäßig.
Wenn du umsatzsteuerpflichtig bist, musst du auf deinen Rechnungen bestimmte Pflichtangaben machen – darunter auch den jeweils geltenden Umsatzsteuersatz sowie den entsprechenden Steuerbetrag. Dabei ist es wichtig, den Nettobetrag, den angewendeten Steuersatz (z. B. 19 Prozenz oder 7 Prozent) und den daraus resultierenden Bruttobetrag klar und nachvollziehbar aufzuführen.
Neben dem Betrag und Steuersatz gehört auf jede Rechnung auch deine Steuernummer oder alternativ die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.), insbesondere wenn du mit Geschäftskund:innen im EU-Ausland zusammenarbeitest.
Wenn du von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machst, musst du auf deiner Rechnung explizit darauf hinweisen, dass du gemäß § 19 UStG keine Umsatzsteuer erhebst. Ein geeigneter Zusatz wäre zum Beispiel:
„Gemäß § 19 UStG wird keine Umsatzsteuer berechnet.“
Auch wenn du umsatzsteuerfreie Leistungen erbringst – etwa im medizinischen oder therapeutischen Bereich – solltest du das auf der Rechnung vermerken und den entsprechenden Paragrafen aus dem Umsatzsteuergesetz angeben, der die Steuerbefreiung begründet. Damit vermeidest du Rückfragen und schaffst Transparenz gegenüber deinen Kund:innen wie auch dem Finanzamt.
Nicht jede selbstständige Person ist verpflichtet, Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen auszuweisen. Wenn dein Jahresumsatz im Vorjahr unter 22.000 Euro lag und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird, kannst du von der sogenannten Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG Gebrauch machen.
In diesem Fall darfst du deine Leistungen ohne Umsatzsteuer anbieten – musst dann aber auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen oder -zahlungen vornehmen. Das kann die Buchhaltung deutlich vereinfachen, insbesondere in der Gründungsphase oder bei nebenberuflicher Selbstständigkeit. Ein weiterer Vorteil: Deine Rechnungsbeträge sind für Privatkund:innen günstiger, weil der Steueraufschlag entfällt.
Allerdings bist du als Kleinunternehmer:in auch vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Das bedeutet: Du kannst dir die Umsatzsteuer, die du selbst beim Einkauf von Waren oder Leistungen gezahlt hast, nicht vom Finanzamt zurückholen. Das kann vor allem dann ein Nachteil sein, wenn du größere Investitionen tätigst.
Seit dem Steuerjahr 2024 gelten zudem vereinfachte Pflichten: Laut Wachstumschancengesetz müssen Kleinunternehmer:innen keine jährliche Umsatzsteuererklärung mehr abgeben. Wichtig ist aber, dass du deine Umsätze sorgfältig im Blick behältst – überschreitest du die Umsatzgrenze, bist du im folgenden Jahr automatisch umsatzsteuerpflichtig.
➡️ Hier findest du alle wichtigen Informationen rund um die Kleinunternehmerregelung.
Wenn du digitale Produkte oder Dienstleistungen an Kund:innen außerhalb Deutschlands verkaufst, gelten besondere steuerliche Regelungen. Das betrifft insbesondere Umsätze innerhalb der EU, bei denen du entweder an Privatpersonen oder an Unternehmen mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer lieferst oder leistest.
Für Leistungen an Geschäftskund:innen in anderen EU-Staaten greift in der Regel das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren. Dabei schuldet nicht du die Umsatzsteuer, sondern der oder die Leistungsempfänger:in im Ausland. Auf deiner Rechnung weist du keine Umsatzsteuer aus, sondern vermerkst, dass die Steuerschuld auf den Kunden übergeht.
Verkaufst du hingegen digitale Leistungen (wie E-Books, Onlinekurse, Software-Downloads) an Privatkund:innen in anderen EU-Ländern, bist du grundsätzlich verpflichtet, den Umsatzsteuersatzdes jeweiligen Ziellandes anzuwenden. Um dir die Abwicklung zu erleichtern, kannst du das One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) nutzen. Darüber meldest du deine grenzüberschreitenden Umsätze zentral beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) – und das BZSt verteilt die Umsatzsteuer automatisch an die zuständigen Finanzbehörden der betroffenen EU-Staaten.
Die Nutzung des OSS ist freiwillig, aber für viele Selbstständige mit digitalen Geschäftsmodellen sehr sinnvoll – nicht zuletzt, um bürokratischen Mehraufwand zu vermeiden.
„Ein häufiger Fehler bei internationalen Rechnungen: Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers fehlt oder ist ungültig. Dann wird die Lieferung schnell als steuerpflichtig eingestuft – mit Nachzahlungsrisiken. Wer regelmäßig ins EU-Ausland verkauft, sollte jede USt-IdNr. vorab im MIAS-System prüfen.“
-Markus Boldt, Steuerberater
➡️ Rechnungen ins Ausland stellen: Das musst du beachten
Für Selbstständige ist es entscheidend zu wissen, welcher Umsatzsteuersatz wann gilt – nicht nur, um korrekte Rechnungen zu stellen, sondern auch, um finanzielle Risiken zu vermeiden. Wer umsatzsteuerpflichtig ist, übernimmt eine steuerliche Verantwortung gegenüber dem Finanzamt, bei der es auf Genauigkeit ankommt. Gleichzeitig bietet das System mit dem Vorsteuerabzug auch Vorteile, die bei der Planung berücksichtigt werden sollten.
Wer wenig Umsatz macht, kann durch die Kleinunternehmerregelung Aufwand sparen – sollte sich aber über die Grenzen und Folgen im Klaren sein. Und wer digital oder international arbeitet, muss sich rechtzeitig mit den Besonderheiten grenzüberschreitender Leistungen auseinandersetzen.
Kurz gesagt: Ein solides Grundverständnis der Umsatzsteuer gehört zur unternehmerischen Praxis einfach dazu. Mit dem richtigen Überblick gelingt es leichter, rechtssicher zu arbeiten und sich wieder stärker auf das eigene Kerngeschäft zu konzentrieren.
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Was passiert, wenn ich den falschen Umsatzsteuersatz berechne?
Wenn du den falschen Steuersatz auf deiner Rechnung anwendest, kann das Finanzamt die Differenz nachfordern. Es ist wichtig, bei Unsicherheit Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten oder auf zuverlässige Quellen zurückzugreifen.
Muss ich als Selbstständiger immer Umsatzsteuer berechnen?
Nicht unbedingt. Wenn du die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmst und dein Umsatz im Vorjahr unter 22.000 Euro lag, bist du von der Umsatzsteuer befreit.
Gilt der ermäßigte Steuersatz auch für alle Lebensmittel?
Nein, nur bestimmte Lebensmittel fallen unter den ermäßigten Steuersatz. Obst und Gemüse sind beispielsweise ermäßigt, verarbeitete Lebensmittel wie Säfte hingegen unterliegen dem regulären Steuersatz von 19%.
Wo finde ich eine offizielle Liste der Produkte mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz?
Die Anlage 2 zu § 12 UStG listet die begünstigten Produkte und Leistungen auf. Für komplexe Fälle lohnt sich ein Blick ins Gesetz oder eine Rücksprache mit dem Steuerbüro.
Was ist das Reverse-Charge-Verfahren und wann muss ich es anwenden?
Das Reverse-Charge-Verfahren wird angewendet, wenn du Dienstleistungen von Unternehmen aus dem Ausland beziehst. Hierbei zahlen nicht die Lieferant:innen, sondern die Empfänger:innen der Dienstleistung die Umsatzsteuer an das Finanzamt.
Kann ich mir die gezahlte Vorsteuer zurückholen?
Ja, wenn du selbst umsatzsteuerpflichtig bist, kannst du die Vorsteuer, die du beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen gezahlt hast, mit der von dir berechneten Umsatzsteuer verrechnen und ggf. vom Finanzamt zurückholen.
20 Kapitel knallhart recherchiert und vom Steuerprofi geprüft
Kostenlos herunterladenAutor - Tino Keller
Tino Keller ist der Mitbegründer von Accountable und möchte damit Steuern und Finanzen für Selbstständige revolutionieren.
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